Diametral

Heute möchte ich meine relativ wortreiche, zugleich aber auch emotionsarme und völlig konfliktscheue Rhetorik zu hinterfragen versuchen.

In den vergangenen Jahren unternahm ich zahlreiche Anläufe um so manche für meine Psyche belastende Aspekte in Kolumnen niederzuschreiben. Ich verfasste Betrachtungen zu den Verhaltensmustern in der Gesellschaft und thematisierte die Problemstellungen – verzichtete aber zumeist bewußt darauf meinen persönlichen Bezug einzubringen. Dieses Blog wurde mit dem Vorsatz ins Leben gerufen meine Gedanken sowie den (leisen) Protest etwas klarer zu formulieren.

Wenn ich mir ältere Beiträge durchlese muß ich erkennen, dass diese in der Form einer nüchternen Sachverhaltsdarstellungen gestaltet sind. Jene Menschen, welche mich nicht besser kennen oder sich nicht die Mühe machen wollen mein Verhalten zu hinterfragen werden damit wenig anfangen können. Das Ignorantentum ist in unserer Gesellschaft leider alles andere als unterrepräsentiert – doch will und muß ich den Handlungsbedarf in erster Linie in meinem eigenen Erscheinungsbild suchen …

Noch gut erinnere ich mich an ein Erstgespräch mit einem Psychotherapeuten im März 2014. Ich beklagte mich dass das oftmals gehässige Lamentieren der Mitmenschen meine Psyche nachhaltig belastet. Nicht selten musste ich im Berufsalltag miterleben, dass auf den Raunzer mehr Rücksicht genommen wird als auf den ruhigen „Hackler“ mit Tumorerkrankung. Ist es ganz abwegig dem Raunzer hierbei Berechnung zu unterstellen? Die negative Energie, welche manche Mitmenschen – teils auch zu Banalitäten – ausleben ist für mich oftmals unerträglich. Der Psychotherapeut versicherte mir, dass er derartigen Charakteren ebenso skeptisch bis ablehnend gegenüberstünde. Zugleich sehe er aber die Problematik, dass sich meine Denkungsart von jener dieser Menschen „diametral“ unterscheide. „Die Menschheit werden wir nicht verändern können„, versuchte er es auf den Punkt zu bringen. Dieser Aussage stimme ich uneingeschränkt zu …

Natürlich geht es nicht primär um meine Beiträge, sondern vielmehr auch um die verbale Kommunikation. „Mit dir kann man nicht streiten„, wurde mir von Freunden schon wohlwollend nachgesagt. Mit diesem Umstand kann ich zweifellos gut leben, doch bleibt das Manko im Raum stehen, dass ich zu wenig bereit bin meinem Mißfall zum Ausdruck zu bringen. Es hat sich besonders in den letzten Jahren wiederholt zugetragen, dass die Aussagen von narzistisch veranlagten Menschen – auch ohne direkten Angriff auf meine Person – äußerst unschöne Gedankenspiralen auslösten. Erst im Nachhinein werden von meiner Seite teils sogar heftige Kontrareaktionen ausgedacht, welche der betreffende Zeitgenosse wohl nie erfahren wird. Das Schlimme daran ist, dass ich oftmals nicht in der Lage bin mich diesem Prozess zu entziehen.

Manch einer könnte zu dem Schluß kommen, dass ich schlichtweg zu feige für eine Auseinandersetzung wäre. Diese Erklärung erscheint mir zu vereinfacht, weil die Frage im Raum stehen bliebe, was ich denn zu befürchten oder zu verlieren hätte. Als ängstlichen Typ würde ich mich bestimmt nicht bezeichnen wollen und ärgere mich eher über die nicht selten von anderen ausgelebte Paranoia. In einzelnen Fällen wurde es sogar zu einer massiven Herausforderung mich von belastenden Mitmenschen zu befreien, da ich nicht bereit war Klartext zu sprechen.

Eine seltsame Blockade gegenüber einem heftigen Streitgespräch gestehe ich mir durchaus ein. Diese ist seit jeher ein Teil von mir selbst und lässt sich vielleicht bestenfalls so erklären, dass ich in einer Auseinandersetzung zu rasch die Nerven wegschmeiße und keine passenden Worte mehr finde. Mit jenen Charakteren, welche die verbale Auseinandersetzung suchen, werde und möchte ich mich wohl nie messen können. Es ist mir schon klar, dass auch diese heutigen Zeilen in jenem Stil verfasst sind, welchen ich zugleich hinterfragen möchte. Das Wort „Diametral“ hatte mich übrigens bereits im Juni 2017 zu einigen Zeilen in der „Reflexion“ veranlasst …
svg labut.at – Diametral (Reflexion)

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