Ein Artikel unter derstandard.at hat mich spontan dazu veranlasst einige Gedanken zu der bei mir vorliegende Anosmie niederzuschreiben.
Unter derstandard.at könnt ihr vielfältige Hintergründe zum Geruchssinn nachlesen, welchem durch die Corona-Pandemie eine neue Aufmerksamkeit beschert wurde. Eine wesentliche Aussage aus dem Artikel möchte ich gerne wiedergeben …
„Kein menschlicher Sinn ist so eng mit Emotionen und Erinnerungen verknüpft, wie der Geruchssinn. Und kein Sinn ist so wenig beachtet und unterschätzt.“
Das Fehlen oder der Verlust des Geruchssinns wird als Anosmie bezeichnet. Auch für den Geschmack von Speisen und Getränken ist zu einem guten Teil der Geruchssinn verantwortlich. Wenn dieser fehlt sind Betroffene auf die fünf Grundgeschmäcker (süß, sauer, salzig, bitter, umami) beschränkt, was zu Fehl- und Unterernährung führen kann. In der freien Enzyklopädie unter de.wikipedia.org findet sich der folgende Hinweis …
„Die Auswirkungen des Riechverlustes werden von Außenstehenden oft nicht erkannt oder als unwichtig herabgespielt. Der Geruchssinn wird im Vergleich zu anderen Sinnen als nebensächtlich empfunden, die Folgen seines Fehlens nicht zur Genüge zur Kenntnis genommen.“
Zu den möglichen Ursachen für eine Anosmie zählt unter anderem auch ein Hirntumor. Bereits im März 2008 wurde bei mir ein atypisches Meningeom diagnostiziert, welches – dank zweier Schädel OP’s und Bestrahlungen – vorerst einen zufriedenstellenden Verlauf zeigt.
Ich kann heute nicht mehr sagen, wann und wie mir der fehlende Geruchssinn bewusst geworden ist. Jedenfalls suchte ich im Jahr 2014 einen niedergelassenen HNO Facharzt auf und erwähnte natürlich meinen Krankheitsverlauf. Im aktuellen MRT war vermerkt, dass das Meningeom auch an der „Frontobasis bzw. der Riechrinne“ liegt. Nach ausführlichen Untersuchungen diagnostizierte der Arzt eine Anosmie, welche sich durch den Tumor erklären ließe.
Mit der Aussage, dass dieser Umstand „nicht allzu schlimm sei, solange man nicht als Koch arbeitet“ wollte der Arzt damals offenbar die Bedeutung der Diagnose relativieren. Sollte dies ein Hinweis darauf sein, dass selbst unter Fachärzten die Bedeutung des Geruchssinn vereinzelt mißinterpretiert wird? Möglicherweise war es aber auch ein mißglückter Versuch um den Patienten aufzuheitern – wenngleich ich in Arztgesprächen so gut wie noch nie Emotionen gezeigt hatte. Letztlich begann ich – wie es leider so oft bei mir der Fall ist – erst einige Zeit später über diese Aussage nachzudenken.
Mit der Diagnose einer Anosmie konnte ich mich im Grunde genommen arrangieren. Dies liegt vielleicht auch daran, dass ich – rein subjektiv betrachtet – schon größere „Baustellen umschiffen“ musste. Ich erwähne den fehlenden Geruchssinn und eingeschränkten Geschmackssinn nur selten, da sich Nichtbetroffene dies in der Regel ohnehin nicht vorstellen können. Natürlich ernähre ich mich einseitig und kann den Geschmack von Speisen nur äußerst bedingt wahrnehmen. Egal ist es mir bestimmt auch nicht, dass ich mich an so manche Gerüche gar nicht mehr erinnern kann. Aber in Wahrheit denke ich über solche Aspekte heute nur selten nach – es lässt sich ohnehin nicht mehr ändern …
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von Walter Kohl